In vielen Unternehmen stehen die Projektleiter :innen vor dem Problem, für ein neu übertragenes Projekt, ein entsprechendes Team aufzustellen. Dies ist immer wieder eine Herausforderung, da es nur selten feste Projektteams gibt, die das gesamte Unternehmensspektrum professionell abdecken können.
Die Bildung eines erfolgreichen Projektteams stellt somit eine der zentralen Herausforderungen im Projektmanagement dar. In der heutigen dynamischen Geschäftswelt, in der Projekte zunehmend komplexer werden und schnelle Anpassungen erforderlich sind, ist die Zusammenstellung eines effektiven Teams entscheidend für den Erfolg eines Projekts. Doch die Suche nach den richtigen Mitarbeitern kann sich als eine anspruchsvolle Aufgabe herausstellen. In diesem Artikel beleuchten wir die Herausforderungen bei der Team-Bildung und die wesentlichen Anforderungen an die Teammitglieder.
Die Herausforderung: Knappheit und Verfügbarkeit
Ein häufiges Problem bei der Bildung eines Projektteams ist die Verfügbarkeit der Mitarbeiter. Talente sind oft in mehreren Projekten gleichzeitig gebunden oder arbeiten bereits in anderen wichtigen Bereichen des Unternehmens. Diese Knappheit macht es schwierig, die richtigen Leute zur richtigen Zeit zu finden und sicherzustellen, dass sie für die gesamte Projektdauer verfügbar sind.
Die Überlagerung von Projekten führt oft dazu, dass Teammitglieder nur begrenzte Zeitressourcen zur Verfügung haben. Dies erfordert von Projektleitern eine hohe Flexibilität und die Fähigkeit, Prioritäten neu zu setzen oder sogar die Projektzeitpläne anzupassen.
Fachliche Anforderungen
Die fachlichen Anforderungen an Projektteammitglieder variieren je nach Art und Ziel des Projekts. Es gibt jedoch einige grundlegende Anforderungen, die in fast allen Projekten relevant sind:
Fachliche Kompetenz: Teammitglieder sollten über die notwendigen technischen oder spezialisierten Kenntnisse verfügen, die für das Projekt erforderlich sind. Dies könnte Expertenwissen in bestimmten Software-Technologien, Ingenieurkenntnissen oder anderen branchenspezifischen Fähigkeiten umfassen.
Erfahrung: Neben den grundlegenden Fachkenntnissen ist Erfahrung ein entscheidender Faktor. Mitarbeiter, die bereits ähnliche Projekte erfolgreich durchgeführt haben, bringen wertvolle Einsichten und Problemlösungsfähigkeiten mit, die den Projektverlauf positiv beeinflussen können.
Zertifizierungen und Qualifikationen: In manchen Projekten können spezifische Zertifikate oder Qualifikationen erforderlich sein, um den hohen Standards und regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden.
Soft Skills
Neben den fachlichen Fähigkeiten sind Soft Skills entscheidend für die erfolgreiche Zusammenarbeit im Projektteam:
Kommunikationsfähigkeit: Klare und präzise Kommunikation ist essenziell, um Missverständnisse zu vermeiden und die Zusammenarbeit zu fördern. Teammitglieder müssen in der Lage sein, ihre Gedanken und Ideen effektiv zu teilen und Feedback konstruktiv zu geben.
Teamfähigkeit: Die Fähigkeit, in einem Team zu arbeiten, ist unerlässlich. Teammitglieder sollten kooperativ sein, bereit sein, Verantwortung zu übernehmen, und sich gegenseitig unterstützen können, um gemeinsame Ziele zu erreichen.
Problemlösungsfähigkeiten: Projekte sind oft mit unvorhergesehenen Herausforderungen verbunden. Teammitglieder sollten die Fähigkeit besitzen, schnell und effektiv Lösungen zu entwickeln, um Probleme zu bewältigen und den Projektfortschritt sicherzustellen.
Anpassungsfähigkeit: Die Bereitschaft, sich an Veränderungen anzupassen und flexibel zu reagieren, ist besonders wichtig in Projekten, die dynamischen oder sich verändernden Anforderungen unterliegen.
Zeitmanagement: Gute Zeitmanagementfähigkeiten sind entscheidend, um sicherzustellen, dass Aufgaben rechtzeitig abgeschlossen werden und der Projektzeitplan eingehalten wird. Teammitglieder sollten in der Lage sein, ihre Prioritäten richtig zu setzen und effektiv mit ihren Ressourcen umzugehen.
Teambildung – das 5-Phasen-Modell nach Tuckman
Das Modell der Teambildung nach Bruce Tuckman, erstmals 1965 vorgestellt, beschreibt die Phasen, die Teams durchlaufen, um eine effektive Zusammenarbeit zu erreichen. Dieses Modell ist besonders nützlich für Projektleiter und Teamleiter, da es hilft, die Dynamik innerhalb von Teams zu verstehen und die Entwicklung eines Teams gezielt zu unterstützen. Tuckman identifizierte fünf Phasen, die ein Team typischerweise durchläuft:
1. Forming (Formierung)
In der Forming-Phase findet die erste Begegnung der Teammitglieder statt. Diese Phase ist geprägt von Unsicherheit und Orientierungslosigkeit. Die Teammitglieder lernen sich gegenseitig kennen, klären Rollen und Verantwortlichkeiten und machen sich mit den Zielen und der Struktur des Projekts vertraut. Die Kommunikation ist meist höflich und zurückhaltend, da die Mitglieder versuchen, sich anzupassen und einen ersten Eindruck voneinander zu gewinnen.
Herausforderungen:
- Unklarheit über Rollen und Aufgaben
- Ungeklärte Erwartungen und Ziele
- Beginnender Aufbau von Vertrauen
Ziele für diese Phase:
- Klarheit über die Projektziele und -aufgaben schaffen
- Die Teammitglieder mit den jeweiligen Rollen und Verantwortlichkeiten vertraut machen
- Ein erstes Vertrauensverhältnis aufbauen
2. Storming (Sturm und Drang)
In der Storming-Phase beginnen die Teammitglieder, ihre Meinungen und Standpunkte klarer zu artikulieren. Konflikte und Machtkämpfe treten häufig auf, da unterschiedliche Ansichten, Arbeitsstile und Persönlichkeiten aufeinandertreffen. Diese Phase ist entscheidend für die Entwicklung des Teams, da sie die Möglichkeit bietet, Differenzen auszuräumen und eine effektive Arbeitsweise zu etablieren.
Herausforderungen:
- Konflikte und Meinungsverschiedenheiten
- Machtkämpfe und Widerstand gegen Autorität
- Uneinigkeit über Ziele und Vorgehensweisen
Ziele für diese Phase:
- Konflikte offen ansprechen und lösen
- Klare Regeln und Arbeitsabläufe etablieren
- Ein besseres Verständnis für die Arbeitsweise und Erwartungen der anderen entwickeln
3. Norming (Normierung)
In der Norming-Phase beginnen die Teammitglieder, sich auf gemeinsame Ziele und Arbeitsweisen zu verständigen. Es werden Normen und Standards für die Zusammenarbeit entwickelt, und die Beziehungen innerhalb des Teams verbessern sich. Die Teammitglieder beginnen, ihre Rollen besser zu akzeptieren und arbeiten effektiver zusammen, da ein höheres Maß an Vertrauen und gegenseitigem Respekt vorhanden ist.
Herausforderungen:
- Weiterhin Normen und Regeln festlegen
- Anpassungen an den Teamprozess vornehmen
- Stabile und produktive Arbeitsbeziehungen etablieren
Ziele für diese Phase:
- Teamnormen und -regeln verfestigen
- Zusammenarbeit optimieren und Synergien nutzen
- Vertrauen und Zusammenhalt stärken
4. Performing (Leistung)
In der Performing-Phase erreicht das Team seine höchste Effizienz. Die Mitglieder arbeiten effektiv zusammen, nutzen ihre Stärken und tragen aktiv zur Erreichung der Projektziele bei. Das Team hat klare Strukturen und Prozesse entwickelt, um Herausforderungen zu bewältigen, und ist in der Lage, sich selbstständig zu organisieren und Probleme zu lösen.
Herausforderungen:
- Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit und Motivation
- Umgang mit komplexen oder unerwarteten Aufgaben
- Kontinuierliche Verbesserung und Innovation fördern
Ziele für diese Phase:
- Höchste Leistungsfähigkeit und Effektivität erreichen
- Kontinuierliche Verbesserung der Arbeitsprozesse und Ergebnisse
- Selbstständige Problemlösung und Entscheidungsfindung unterstützen
5. Adjourning (Auflösung) – oder Mourning (Trauer)
Die fünfte Phase, die Tuckman später hinzugefügt hat, ist die Adjourning-Phase (auch als Mourning-Phase bekannt). Diese Phase tritt ein, wenn das Projekt abgeschlossen ist oder das Team aus anderen Gründen aufgelöst wird. Die Teammitglieder reflektieren ihre Erfahrungen, verabschieden sich voneinander und bereiten sich auf neue Aufgaben oder Projekte vor. Diese Phase kann emotionale Herausforderungen mit sich bringen, insbesondere wenn starke Bindungen innerhalb des Teams aufgebaut wurden.
Herausforderungen:
- Verabschiedung und Auflösung des Teams
- Reflektion der Teamarbeit und der geleisteten Arbeit
- Vorbereitung auf neue Projekte oder Aufgaben
Ziele für diese Phase:
- Erfolge feiern und anerkennen
- Lessons Learned dokumentieren und reflektieren
- Übergang in neue Rollen oder Projekte unterstützen
Fazit
Das Tuckman-Modell bietet wertvolle Einblicke in die Phasen der Teamdynamik und hilft Projektleitern und Teamleitern, die Entwicklung und das Wachstum ihrer Teams besser zu verstehen. Indem sie die verschiedenen Phasen der Teamentwicklung erkennen und unterstützen, können sie sicherstellen, dass ihr Team effektiver arbeitet und letztlich die Projektziele erfolgreich erreicht.